Nostalgie

Ein Schräglift von der Oberen Hauptgasse an die Burgstrasse in Thun, inklusive eines Zwischenhalts, damit man in den senkrechten Lift zum Schloss umsteigen kann: Das war eine Idee, welche in der Thuner Wirtschaftskammer der Jungen Anfang dieses Jahrtausends rumgeisterte. Woher ich das weiss? Ich habe meinen Archivschrank ausgemistet.

 

Es war anlässlich des Umzugs der Thuner-Tagblatt-Redaktion nach vier Jahren im «Exil» im dritten Stock des Gebäudes an der Rampenstrasse in Thun zurück in die vierte Etage. Und mit einem Schrank voller Altlasten in ein neues Büro zu ziehen, geht nicht. Also ran an die Ordner, die kurz nach dem Stellenantritt angelegt wurden. In jedem ein Register von A bis Z. Die Idee: Berichte, Rechercheergebnisse und Hintergrundinfos zu wichtigen Themen können sauber strukturiert abgelegt und nachgeschlagen werden. 

 

So weit die Theorie. In der Praxis hat mich die technologische Entwicklung rasch überholt. Recherchiert und nachgeschlagen wird im Internet, praktisch alle weiterführenden Infos liegen digital vor und sind auf dem persönlichen Laufwerk gespeichert. Die aktuellsten Infos in den Ordnern führten alle noch eine Doppelnull in der Jahrzahl – das ist im Newsgeschäft zwei Ewigkeiten her. Oder erinnern Sie sich etwa an Gebilde mit so kreativen Namen wie «Chance Thunersee» oder «Marketing-Kooperation», mit denen versucht wurde, das schlingernde Tourismusschiff rund um den See finanziell auf Kurs zu halten?

 

Was war, kommt nicht mehr zurück – und die Infos, die dafür nötig sind, journalistisch auch in Bezug auf die Vergangenheit up to date zu sein, sind heute praktisch ausnahmslos digital verfügbar. Oder bei den Menschen, die die alten Zeiten noch aus eigener Erfahrung kennen. Dort holt man sie ab, verarbeitet sie und digitalisiert sie.

 

Und während diese Zeilen verfasst werden, erreicht uns schon die Ankündigung des nächsten Entwicklungsschritts: E-Mail-Kommunikation, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und andere Software werden in die Cloud gezügelt. Keine Daten mehr auf dem eigenen Laufwerk, alles auf virtuellen Speichern irgendwo am Ende der Welt, jederzeit und überall übers Internet abrufbar.

Noch spiele ich mit dem Gedanken, eine externe Festplatte an meinen Büro-PC anzuschliessen. Die Idee: Berichte, Rechercheergebnisse und Hintergrundinfos zu wichtigen Themen können sauber strukturiert abgelegt und nachgeschlagen werden. Oder hatten wir das schon einmal?

 

Publiziert am 4. April 2015 im Thuner Tagblatt, für den Blog leicht umformuliert. Bild: Keystone via SRF.ch

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